Wer im "Find the Door" shoppen gehen möchte, der muss erst einmal dem frechen Namen des Ladens Tribut zollen: Es gilt, wagemutig die Ladentür im Gassendschungel Birgus zu finden - ohne Google Maps ein beinahe hoffnungsloses Unterfangen, das unter dem stechenden Schein der Mittagssonne schnell zum Martyrium werden kann.
Wenn man erst einmal den richtigen Riecher entwickelt hat, geht es aber schnell: Einmal links, dann wieder rechts, an schmucken Blumentöpfen vorbei, und schon pflastern bunte Bilder an den Häuserwänden die letzten Meter zum wahrscheinlich verrücktesten Popup-Zentrum Maltas.
Seit Mai 2019 dient der nostalgische Gewölbekeller einem Kollektiv aus fünfzehn maltesischen Kleinunternehmern und Künstlern als kreatives Urquell samt Kundenanschluss. Mit wenig Kapital, dafür umso mehr investiertem Herzblut, riefen sie das ehrgeizige Projekt eines eigenen Ladens ins Leben. Die ersten Erfolgszahlen sind beachtlich: Der kostengünstige Standort in Birgu verführt immer mehr Touristen zum schweißtreibenden Türenfinden.
"Find the Door" will kein standardisierter Markensortimenter sein: Jede Ecke des verwinkelten Ladens ist an einen anderen der fünfzehn Künstler und Kleinunternehmer untervermietet. Gemeinsam schmeißen sie das Ladengeschäft, kommen für alle laufenden Kosten auf und haben sich so in atemberaubend kurzer Zeit eine einzigartige Plattform im reizüberfluteten maltesischen Einzelhandel geschaffen.
Mit Kamera, Schreibblock und neugierig schnuppernder Reporternase habe ich mich gleich mehrmals hinter die Regalwände von "Find the Door" begeben. Das Resultat meiner Recherchen? Genau so quirlig bunt wie das restliche Interieur des verrücktesten Popup-Zentrums Maltas!

Vanessa Conneely, Journalistin aus Irland, The Blind Turtle
"Ich bin bereits viel rumgekommen in meinem Leben, habe in Kanada, Katar und zuletzt Istanbul als TV-Journalistin gearbeitet. Jetzt wohne ich mit meinem Mann und meiner Tochter auf Malta und widme mich einem Thema, dass mich schon immer umgetrieben hat: Nachhaltigkeit. Meine Marke The Blind Turtle bringt die Wiederverwertung von Sachen auf ein neues Level, um endlich aus dieser angestaubten "Second Hand"-Ecke zu entkommen, die ja viele bis heute von breitflächigem Upcycling abhält.
Ich bin eine der zwei Gründerinnen von Find the Door, Catherine Alegren hat mich damals auf einem der vielen Märkte hier angesprochen und kurze Zeit später konnten wir starten. In Birgu sind wir überglücklich: Die Zahlen stimmen, die Gruppe ist bunt gemischt und funktioniert gut zusammen. Auch der Bürgermeister und unser Vermieter, der gleichzeitig einer unserer Künstler ist, waren von Anfang an unglaublich aufgeschlossen. Gemeinsam teilen wir uns die Arbeit, jeder übernimmt seine Schichten und unterstützt das Projekt mit seinen Ideen. Ich bin vor allem für die Veranstaltungen zuständig; ein Feld, das wir auf jeden Fall noch ausbauen wollen. Demnächst haben wir etwas zur homosexuellen Pride Week auf Malta geplant, aber auch sonst sind wir voller Ideen für die Zukunft.
Der Laden selbst soll in den kommenden Wochen noch Zuwachs erhalten, wir würden gern zwei weitere Künstler in unserer Runde willkommen heißen. Auch eine Kaffeebar im Innenhof soll atmosphärisch noch einiges bewegen. Ansonsten schauen wir einfach, was die weiteren Wochen und Monate bringen werden. Für uns war immer klar: Wir machen das vor allem aus Spaß und Überzeugung. Wenn beides irgendwann zu Neige gehen sollte, würden wir sofort aufhören. Aktuell sieht es aber mal so gar nicht danach aus!"

Martin Dyring, Jungunternehmer aus Dänemark, ByDyring
"Vom Studium her bin ich eigentlich Ingenieur. Meine Ausbildung hat mich an viele Orte in Europa getragen, am Ende habe ich Malta als Wohnort ausgewählt, weil ich die warmen Temperaturen hier liebe. Viele junge Menschen verlassen meine Heimat Dänemark: Entweder wegen dem Wetter, oder wegen der Politik.
Hier auf Malta arbeite ich in der E-Gaming-Industrie, meine eigentliche Leidenschaft gilt aber ByDyring, dem nachhaltigen Hersteller von Bambusprodukten, den ich selbst gegründet habe und heute als Ein-Mann-Unternehmen bestreite. Schon in meiner Abschlussarbeit zum Ingenieur habe ich mich mit dem Thema Nachhaltigkeit sehr intensiv beschäftigt, heute führe ich das Herzensprojekt als gewinnbringende Marke weiter. Ich lasse Uhren, Zahnbürsten und auch T-Shirts aus robustem und kompostierbarem Bambus herstellen. Das Design der Produkte habe ich selber entwickelt, hergestellt wird das Ganze von chinesischen Auftragnehmern, die gute Qualität garantieren. 25 % der Gewinne spende ich dann direkt an lokale NGOs, die sich umweltpolitisch engagieren und beispielsweise Bäume auf Malta pflanzen.
Bei "Find the Door" bin ich erst seit Juni dabei, die Gründer haben mich auf einem Eco-Markt angesprochen und ich war sofort begeistert. Im Kreis der fünfzehn Miteigentümer fühle ich mich sehr wohl und liebe es, Zeit in das Projekt zu investieren. Mein Unternehmen soll indes eher langsam wachsen, ich möchte nichts überstürzen. Für mich ist einfach wichtig, dass meine Kunden weiterhin sehen können, wer hinter dem Produkt steht. Auf Malta bin ich damit aktuell sehr gut aufgehoben, generationenübergreifend spielt das Thema recyclebare Materialien hier eine spürbar große Rolle."

Rosita Gasiunaite, ausgebildete Schneiderin aus Lettland, Rosita Silk Sense
"Ich bin vor elf Jahren der Liebe wegen mit meinen Kindern nach Malta gezogen. In meiner Heimat Lettland war ich Schneiderin, mit meinem mutigen Schritt ins Ausland wollte ich aber auch diesen Teil meines Lebens umkrempeln. Seit ich auf Malta lebe bin ich daher als Seidenkünstlerin tätig, da ich es schlicht nicht fertig bringen könnte, daheim ein tristes Leben als Hausfrau zu fristen. Für mein kleines Modeunternehmen kaufe ich edle Seide aus China oder Indien an und bemale sie kunstvoll mit selbst erdachten Motiven und unter Verwendung verschiedener Acrylfarben. Daraus werden dann sehenswerte Schals, Tücher, Ketten oder sogar ganze Kleider.
Über viele Jahre hinweg war ich vor allem online präsent und habe über Mund-zu-Mund-Propaganda viele neue Kunden gewinnen können. Mein Geschäft ist auf Malta einzigartig, Touristen und Einheimische schätzen mich daher gleichermaßen. Mit "Find the Door" habe ich seit Mai nun erstmals einen permanenten Standort gefunden. Eine der Gründerinnen, die ich schon lange kenne, hat mich angesprochen und gefragt, ob ich Interesse hätte. Die große neue Fläche nutze ich gerne auch als eine Art zweites Atelier, da ich ansonsten nur von zu Hause aus hinter verschlossenen Türen vor mich hin werke. Viele meiner Motive sind einzigartig, denn was hassen wir Frauen schließlich mehr, als nicht die Einzige auf einer Party zu sein, die diesen oder jenen besonderen Eye-Catcher zur Schau stellen kann?"
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Vanessa Conneely (Freitag, 03 Januar 2020 22:15)
Hello thank you for the article. My company is called The Blind Hedgehog