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Mehr Merhba! Ein Plädoyer für Maltas Sprache des Herzens

Merhba in Sliema! Ein typisch maltesischer Willkommensgruß, nur wenige Meter von meiner Unterkunft entfernt.
Merhba in Sliema! Ein typisch maltesischer Willkommensgruß, nur wenige Meter von meiner Unterkunft entfernt.

Merhba! So lautet die Begrüßung am Stadtrand jeder maltesischen Kleinstadt, frisch auf ein Straßenschild gepinselt und durch das jeweilige Wappen bebildert. 

 

Wenn ich ganz ehrlich bin, hat das orientalisch angehauchte "Merhba" auch mich vor zwei Jahren erst einmal in gehöriges Staunen versetzt. Am Straßenrand hätte ich damals eher ein gepflegtes britisches "Welcome to..." erwartet. Schließlich verdient die Insel mit der lingua franca des Vereinigten Königreichs alljährlich Unsummen an Geld, hereingespielt durch die tausenden Sprachschüler, die an Maltas Küsten sonnenverwöhnt ihre Fremdsprachenkenntnisse auffrischen wollen.   

 

Was man, besonders als Teil der sommerlichen Sprachschulenblase, jedoch gerne vergisst ist die zweite, deutlich ältere linguistische Identität der Insel: Lange bevor das erste "britische Bleichgesicht" an den Küsten Maltas landen sollte, bildete sich auf dem Archipel eine selbstständige Sprache heraus, die bis heute als offizielle Amtssprache das Leben der Einheimischen massiv mitbestimmt. Maltesisch, so der Name dieser semitischen Sprache, begegnet einem bis heute überall: Es ist die hochamtliche Verkehrssprache in Politik und Rechtssprechung, ziert Straßenschilder oder Ehrentafeln und ist besonders unter älteren Inselbewohnern die einzig wirklich anerkannte Art der Kommunikation. 

 

Wer sich auf die Suche nach den tiefen Wurzeln der maltesischen Sprache macht, der stößt schnell auf einen reichlich sprudelnden Schmelztiegel der Kulturen, der sich wie ein Zeitstrahl der hiesigen Nationalgeschichte lesen lässt: Geschätzte 60 % des modernen maltesischen Sprachgebrauchs entstammen arabischen Einflusses ("Merhba" lässt grüßen!), weitere 30 % sind der geografischen Nähe zu Italien geschuldet und bedienen sich insbesondere dem Wortschatz des sizilianischen Dialekts, ehe mickrige 10 % Englisch schließlich die letzten Jahrhunderte britische Kolonialgeschichte verkörpern. Ein buntes Mischmasch entstand, das für fremde Lauscher bis heute einen wahren Ohrenschmaus darstellen kann: Maltesisch hat etwas seltsam Vertrautes und doch unerwartet Fremdes; eine Sprache eben, die es so kein zweites Mal auf dem europäischen Festland zu entdecken gibt.     

Die Engländer waren unter den Bewohnern Maltas lange beliebt und sind es auch heute noch - vor einem zu großen Einfluss der englischen Sprache wird dennoch häufig gewarnt.
Die Engländer waren unter den Bewohnern Maltas lange beliebt und sind es auch heute noch - vor einem zu großen Einfluss der englischen Sprache wird dennoch häufig gewarnt.

Doch über der Ursprache Maltas schwebt seit Längerem ein für ähnlich kleine Sprachen nicht unübliches Damoklesschwert: Die Dominanz des Englischen droht auch Maltas Alleinstellungsmerkmal auszurotten. Was mehrere hundert Jahre britische Vormachtstellung im Mittelmeer nicht vollbracht haben, könnte nun im Zeitalter der Globalisierung bittere Wahrheit werden. Tatsächlich fällt auf, wie unter jungen Menschen häufig der flotte maltesische Sprachfluss durch englische Vokabeln unterbrochen wird. Das lässige "Alright, alright" taucht in so gut wie jedem zweiten Satz auf, "Good morning" und "You're welcome" haben schon länger die eigentlich korrekten maltesischen Entsprechungen ersetzt. An und für sich keine schlimme Entwicklung, denn Sprachen entwickeln sich im Fluss der Zeit schließlich immer weiter, auch Malta profitierte von der dominierenden Weltsprache Englisch in vielen Belangen. Doch das Ausdehnen der englischen Sprachanteile führt langfristig zum Verlust des arabischen Sprachstamms, die eigentliche DNA der Sprache ist damit auf dem schleichenden Rückzug.

Schon heute, so erzählt es mir eine angehende maltesische Linguistin mit Bedauern, existieren kaum mehr regionale Dialekte auf der Insel. Die lokalen Unterschiede marginalisieren sich, es droht eine Entwicklung, vor der in Baden-Württemberg auch schon der stark schwäbelnde Winfried Kretschmann persönlich warnte: Das Aussterben lokaler Sprachen und Dialektfärbungen tritt zum linguistischen Raubzug über Malta an, der zunehmenden Standardisierung in einer globalisierten Wirtschaftswelt zuliebe.

 

Dabei drücken gerade Dialekte und indigene Sprachen ein untrügliches Lebensgefühl aus. Sie geben Kraft zur Identifikation, spiegeln bewegte Geschichte wieder und sind mindestens genauso schützenswert wie dingliche Nationalmonumente. Die zweite Amtssprache Englisch mag Malta eine nie dagewesene wirtschaftliche Spitzenposition gegeben haben - näher am Herzen der Einwohner wird jedoch hoffentlich immer das Maltesische bleiben.

 

Hoffentlich bleibt es vor diesem Hintergrund nicht nur ein frommer Wunsch zu sagen: Was Malta braucht, ist mehr Merhba im Alltag!    

Pimp your Maltese now!

Einige hilfreiche Vokabeln für den nächsten Aufenthalt im Mittelmeer

Alltagsfloskeln

Mit diesen höflichen Worten gewinnt man das Herz jedes Maltesers im Sturm! 

Merhba - Willkommen 

Bongu  - Guten Morgen/Tag 

Wara nofsinhar it-tajjeb

              - Guten Nachmittag 

Il-lejl it-tajjeb 

              - Guten Abend 

Grazzi   - Danke 

Jekk joghgbok 

              - Bitte/ Gern geschehen 

 

Füllwörter

Immer wieder hilfreich, um ein wenig Maltesisch im Alltag durchblitzen zu lassen.

Mela

Ein beliebtes Füllwort unter Maltesern, lässt sich eigentlich immer einbauen. Im Wortursprung bedeutet es schlicht "Dann". 

Illallu 

Ein Ausruf des Erstaunens, meist verbunden mit weit geöffnetem Mund. Passt auch so gut wie immer, wenn etwas unglaublich erscheint. 

Three in one

Drei Wörter die zeigen, wie kunterbunt der maltesische Ursprung ist.  

Merhba 

"Willkommen" auf Maltesisch und auch im semitischen Ursprung der Sprache eine gern verwendete Begrüßung. 

Karozza 

Repräsentiert das italienische Herz der Sprache und bedeutet Auto. Die lustige Seite des Ganzen: Im Ursprungsland Italien bezeichnet man so ausschließlich einen Leichenwagen. 

Fridge 

Hier ist die Provenienz ziemlich eindeutig: Die Briten haben vor allem vielen modernen Errungenschaften ihren Stempel aufgedrückt.   


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Kommentare: 3
  • #1

    Andrea (Dienstag, 20 August 2019 17:02)

    Mach weiter so Felix. Dein Block ist faszinierend, interessant und meist kurzweilig. Danke!

  • #2

    Rita (Dienstag, 20 August 2019 22:21)

    Du bist ja ein richtiger Sprachforscher.Immer wieder toll, was du alles schreibst und entdeckst.Ich freue mich über deine Artikel!

  • #3

    Ulrike (Dienstag, 20 August 2019 23:53)

    Sauguad