Fünf Tage sind es noch, bis ich zum ersten Mal seit zwei Monaten in Frankfurt wieder deutschen Boden betreten werde. Mit den letzten Zügen meines maltesischen Lebens schwingt einiges an Heimweh mit, vor allem aber ist es Wehmut und die bittere Sicherheit, einen spannenden Sommer hinter mir zu lassen. Ich durfte viele neue Menschen kennenlernen, mich auf einem neuen Arbeitsfeld in einem komplett neuen Arbeitsumfeld ausprobieren und Erfahrungen sammeln, die ich nicht missen möchte, ganz gleich ob sie gute oder schlechte waren.
Die letzten Tage sind auch der geeignete Moment, um eine erste allumfassende Bilanz zu ziehen. Genau deswegen habe ich begonnen, meine eigene "Top und Flop"-Liste Maltas zu erstellen. Wie es sich gehört, möchte ich die schlechten Seiten meiner neuen Heimat auf Zeit voranstellen, ehe nächste Woche die beruhigende Vergewisserung folgen soll: Keine Sorge, es gibt genug Dinge, die ich an Malta auch schmerzlich vermissen werde!

Platz 5: Die Treppen
Aus der Ferne betrachtet ist Malta ein einziger, klumpiger Brocken aus Stein. Logische Schlussfolgerung, wenn man auch nur zehn Meter nach rechts oder links gehen möchte: Überall plagen einen die Treppen dieser Insel. Malta hat mich wohl zum weltweit ersten Treppologen überhaupt werden lassen. Mein Repertoire umfasst jetzt schmale Treppen, lange Treppen, Pferdetreppen, Treppen für Ritterrüstungen und (wie pervers ist das denn?!) massenweise Treppen an Sandstränden. Zurück in Deutschland werde ich wohl jeden einzelnen Aufzug in meiner Umgebung genüsslich ausnutzen - und wenn er mich auch nur in den ersten Stock bringen sollte.
Einen guten Nebeneffekt hat das schweißtreibende Treppensteigen bei 40 Grad Außentemperatur allerdings auch: Mit den Beinen könnte ich jetzt glatt in der Spitzengruppe der Tour de France mitstrampeln. Naja, zumindest beinahe.

Platz 4: Die Temperaturen
Ich weiß, dieses Thema wurde bereits bei meinem Zwischenstand vor einigen Wochen breitgetreten. Gebessert hat es sich aber nicht, deswegen wiederhole ich es gerne noch einmal. Bislang hielt ich mich im Allgemeinen für einen großen Fan der mediterranen Sonne, doch nach zwei Monaten Arbeit in der Hitze sieht das schon bedeutend anders aus. Schon die kleinste Bewegung kann einen in tausende Schweißtropfen zerfließen lassen, die Mittagsstunden im August waren der Gipfel der Unerträglichkeit. Am Strand liegen kann ich bei diesen Temperaturen ganz gut, nur das Arbeiten fällt eben schwerer und schwerer. Erleichtern kann das einzig die Klimaanlage - welche Probleme ich undankbarer Deutscher wiederum mit diesen Ausgeburten der Hölle habe, lässt sich dann auf Platz 2 nachlesen.

Platz 3: Die Busse
Je näher wir Platz 1 kommen, desto größer wird die Konkurrenz. Der öffentliche Personennahverkehr Maltas etwa hätte aus meiner Sicht auch ohne Weiteres eine "Goldmedaille der Schande" verdient gehabt, davon bewahrt haben ihn letztlich nur sein (manchmal) funktionierendes WLAN an Bord und die (eigentlich immer) eifrig arbeitende, überraschend seicht pustende Klimaanlage. Jeder andere Aspekt aber würde den Negativ-Titel definitiv rechtfertigen: Angefangen bei bizarren Verspätungen (manchmal entscheiden die Busse auch spontan, einfach gar nicht aufzutauchen) bis hin zur rabiaten Fahrweise der Busfahrer (vermutlich einer der Gründe, warum Malteser bis heute so strenggläubig sind) läuft im Transportwesen der Insel so gut wie alles eine Handbreit neben der Spur. Die Sehnsucht nach nicht rumpelnden, bumpelnden und notorisch späten Verkehrsanbindungen ist nach zwei Monaten Public Transport Malta jedenfalls groß - so groß sogar, dass ich mich zu einer beinahe undenkbaren Aussage hinreißen lassen würde: Ja, ich freue mich auf meine Zugfahrten mit der Deutschen Bahn nach Berlin!

Platz 2: Die Klimaanlagen
Die Zeit auf Malta hat mir ein weiteres physikalisches Paradoxon des Lebens gelehrt - man nenne es das "Gesetz der Klimaanlagen" und stelle es gerne auf eine Stufe mit der Relativitätstheorie nach Einstein: Eine maltesische Klimaanlage kann entweder zu heiß oder zu kalt sein; die kleinen Kühlmonster richtig einzustellen ist jedoch ein Ding definitiver Unmöglichkeit. Vom ersten Tag an war ich daher ein Gefangener des lokalen Kühlsystems: Mein kleines Kämmerlein war mal überhitzt, mal erbärmlich kalt. Die Zeit an der Rezeption wurde zur kalten Hölle auf Erden, beim Abendessen im Restaurant war ich immer kurz davor, zur Eissäule zu erstarren. Ein kleines Andenken an die vermaledeiten Klimaanlagen, die hier wirklich an jeder Ecke mit bleckenden Zähnen und ohrenbetäubendem Sausen lauern, wird mich in Form einer verstopften Nase und wieherndem Husten wohl noch bis nach Deutschland begleiten.

Platz 1: Das Abfallproblem
Zum Platz 1 "küren" möchte ich am Ende ein großes maltesisches Staatsproblem, das leider alles andere als lustig ist: Die Insel plagt ein massives Müllproblem. Viele Ecken der lokalen Landschaft könnten malerischer kaum sein und auch Städte wie Valletta oder Mdina ziehen jeden Besucher sofort in ihren Bann - wären da nicht die Berge an Müll, die sich immer wieder in das friedliche Gesamtbild mischen. Plastikflaschen, Bierdosen, achtlos weggeworfene Tüten und Taschen sind leider absolut keine Seltenheit an Maltas Promenaden, selbiges gilt für das azurblaue Wasser, das längst nicht mehr nur von Fischen bevölkert wird. Diese Verschmutzung schmerzt manchmal schon fast körperlich, denn dieses Land könnte so viel schöner sein, wenn nicht an jeder Ecke unhygienische Hinterlassenschaften vor sich hin gammeln würden. Einher mit dem Müllproblem gehen weitere unangenehme Situationen des Alltags: Beim Abendspaziergang, oder selbst des nächtens in der eigenen Toilette, begegnen einem häufiger als erhofft flinke Kakerlaken oder anderes Ungeziefer. Regelmäßige euphorische Freudenschreie aus den Zimmern sind da schon vorprogrammiert.
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Jürgen (Samstag, 07 September 2019 16:18)
Die Deutsche Bahn liest da sicher mit, und freut sich schon sehr darauf, dich nach Berlin zu fahren!